BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


10. Juni 2015

Chance für Klimaschutz und Mieter

Mit einem neuen Gutachten fordert der BUND Hamburg den Senat auf, die Ankündigungen zum Klimaschutz konsequent umzusetzen und unverzüglich eine sozial- und klimaverträgliche Strategie für die Zukunft der Wärmeversorgung Hamburgs zu entwickeln.
 
„Die Bereitstellung von Wärme verursacht mittlerweile rund ein Drittel des Hamburger CO2-Ausstoßes. Die Heizkosten werden für die Stadt und vor allem für die Mieter in Altbauwohnungen inzwischen zu einer enormen finanziellen Belastung“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Die Kosten für Raumwärme und Warmwasser lägen inzwischen bei 37 Prozent der Energiekosten privater Haushalte und damit etwa um die Hälfte über den so oft beklagten Ausgaben für Beleuchtung, Kochstellen und andere Elektrogeräte zusammen.
 
Damit der dringend erforderliche Klimaschutz nicht nur auf Kosten der Haushalte geht – und umgekehrt für die Entlastung der Mieter keine Abstriche beim Klimaschutz gemacht werden –, hat der BUND das Hamburg Institut beauftragt, Eckpunkte für eine ökologisch-soziale Wärmepolitik zu erarbeiten. Die Energieexperten Christian Maaß und Dr. Matthias Sandrock kommen dabei zu dem Schluss, dass Klimaschutz und die Entlastung von Mieter/innen keine Gegensätze sind, sondern sich mit dem richtigen Konzept in optimaler Weise ergänzen.
 
Ein zentraler Vorschlag des Gutachtens ist die „Hamburger Wärmepreisbremse“, das heißt, eine warmmietenneutrale Sanierung des Gebäudebestandes. Bei Gebäuden mit einem überdurchschnittlichen Heizenergiebedarf sollen die Eigentümer künftig ordnungsrechtlich verpflichtet werden, eine Sanierung vorzunehmen. Bei Immobilien mit hohem Energieverbrauch würden sich die umlageerhöhte Miete und die Entlastungen für die Mieter durch die nach der Sanierung deutlich niedrigeren Heizkosten in der Regel ausgleichen. Von einer solchen Regelung profitiere auch die Stadt selbst, da sie die Heizkosten für Transfergeldempfänger (Hartz IV etc.) trägt. Die Belastung der öffentlichen Hand beläuft sich in diesem Sektor auf etwa 76 Millionen Euro pro Jahr.
 
Auch die Förderpolitik in Hamburg müsse weiterentwickelt werden, sonst sei das bundesweite Ziel, bis 2050 einen möglichst klimaneutralen Gebäudebestand vorzuweisen, auf Hamburger Gebiet nicht zu erreichen. Die Förderpolitik sei in Richtung stärkerer Anreize für anspruchsvolle Sanierungen, die sich nicht über eingesparte Energiekosten rechnen, sowie die konsequente Einbindung erneuerbarer Energien auszurichten.
 
Aus Sicht der Gutachter sind es nicht die Neubauten, sondern es ist der Gebäudebestand, der das mit Abstand größte Einsparpotenzial bei der Heizenergie bietet. Sie schlagen daher vor, den Hamburger Energiepass wie etwa in Baden Württemberg zu einem gebäudebezogenen Sanierungsfahrplan weiterzuentwickeln. Ein solcher beinhaltet eine systematische Beratung der Eigentümer und einen individuellen Fahrplan, der diese in die Lage versetzt, bei anstehenden baulichen Maßnahmen die effizienteste und kostengünstigste energetische Sanierung direkt mit einzuplanen. Die Sanierungsrate in Hamburg liegt derzeit bei 1,2 Prozent für Wohngebäude und bei 0,6 Prozent für Nichtwohngebäude. Um die Hamburger Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu erreichen, wäre aber eine Sanierungsrate von zwei Prozent nötig.
 
Als größte Hamburger Wohnungseigentümerin muss nach Ansicht der Gutachter insbesondere die stadteigene SAGA/GWG mehr Verantwortung für den Klimaschutz übernehmen. Dazu schlagen sie vor, die Gewinnabführung an die Stadt, die im Jahr 2013 etwa 181,6 Millionen Euro betrug, zu reduzieren, und mehr in die energetische Sanierung des Gebäudebestandes zu investieren.
 
Auf der Angebotsseite nennt das Gutachten insbesondere die Fernwärme, die erhebliche Reserven für mehr Klimaschutz biete. Mehr als 20 Prozent der Wärmeenergie in Hamburg werde derzeit über Fernwärme bereitgestellt, die in Hamburg vorrangig auf der Verbrennung von Kohle basiert. Künftig sollten die Potenziale von industrieller Abwärme, Geothermie, solarer Wärme oder auch Großwärmepumpen wie etwa in Stockholm genutzt werden. Deren Möglichkeiten seien in der Hansestadt bei weitem nicht ausreichend untersucht.
 
Dementsprechend halten die Gutachter einen Ersatz für das in die Jahre gekommene Kohlekraftwerk Wedel durch eine große fossile Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK) sowohl aus ökologischen als auch aus ökonomischen Gründen nicht für sinnvoll. Die hohen Investitions- und Betriebskosten derartiger Anlagen könnten durch die relativ geringe Primärenergieeinsparung derzeit nicht refinanziert werden. Stattdessen sollte schrittweise mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien in der Fernwärmeversorgung begonnen werden.
 
„Der Hamburger Senat will den Klimaschutz stärken und eine neue Wärmestrategie entwickeln – das BUND-Gutachten legt dafür konkrete Vorschläge auf den Tisch. Jetzt müssen der grüne Umweltsenator und die rote Stadtentwicklungssenatorin den Schulterschluss üben und eine neue Wärmepolitik für Hamburg auf den Weg bringen“, so Manfred Braasch.
 
Für Rückfragen: Paul Schmid, BUND-Pressesprecher, Tel. (040) 600 387 12

Gutachten: Ökologisch-soziale Wärmepolitik für Hamburg

Präsentation zur Pressekonferenz


Quelle: http://bund-hamburg-archiv.bund.net/nc/presse/pressemitteilungen_hamburg/detail/browse/9/artikel/chance-fuer-klimaschutz-und-mieter/