BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


18. Juni 2002

Gemüseanbau auf Altspülflächen über Jahre verharmlost

Trotz zahlreicher Hinweise hat die Stadt Hamburg zugelassen, dass im Wilhelmsburger Osten bis 2001 jedes Jahr Millionen Salatköpfe auf problematischen Spülflächen angebaut wurden. Die Belastung dieser Lebensmittel mit Schwermetallen wurde ein Jahrzehnt systematisch verharmlost, Analysen schön geredet und das Problem in der Verwaltung zerrieben. Zu diesem Ergebnis kommt der BUND Hamburg aufgrund einer vertraulichen Berichterstattung des zuständigen Wirtschaftssenators Uldall aus dem Frühjahr 2002. "Die Stadt Hamburg und speziell die Wirtschaftsbehörde und die BAGS haben jahrelang gegen alle Regeln des präventiven Verbraucherschutzes verstoßen", sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.

Aus dem Papier der Wirtschaftsbehörde geht hervor, dass auf mehr als 70 ha Fläche bis 2001 Gemüse- und Ackerbau betrieben wurde und die "Problematik weitaus schwerwiegender als in der Vergangenheit angenommen" ist. Obwohl der BUND Hamburg bereits 1997 auf die Gefahren für die Verbraucher aufmerksam gemacht hatte, haben sich Politik und Verwaltung immer wieder in unheilvoller Allianz mit einzelnen Landwirten aus der Verantwortung gestohlen. Dadurch sind ganz offensichtlich über Jahre mit Schwermetallen belastete Salatköpfe und andere Gemüsesorten in den Handel gelangt.

Viel zu spät wurde erst 2002 ein Anbauverbot auf den Spülflächen verhängt. Entscheidenden Druck auf die Hamburger Verwaltung hat die neue EU-Kontaminanten-Verordnung ausgeübt. Aufgrund klar definierter Grenzwerte, die ein zwingendes Vermarktungsverbot nach sich ziehen, war die Lage in Hamburg nicht mehr zu vertuschen. Interessanterweise legt die EU-Verordnung genau den Grenzwert fest, der bereits vorher nach deutschem Recht zu einer Beanstandung der Salatköpfe hätte genutzt werden können. Der BUND hat jetzt von der Behörde für Umwelt und Gesundheit die kompletten Ergebnisse des Untersuchungsprogramms 2001 für die Spülflächen angefordert, wird aber bislang hingehalten.

"Der BUND verlangt eine Aufarbeitung dieser über mindestens ein Jahrzehnt betriebenen Verschleierungstaktik, die auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen wurde. Weiterhin ist eine Überprüfung der Entschädigungszahlungen an betroffene Landwirte durch den Rechnungshof notwendig. Gemüsebauern, die hier wissentlich mitgespielt haben, dürfen kein Geld erhalten", so Manfred Braasch.

Die gesamte Lebensmittelüberwachung, insbesondere die Wirtschafts- und Ordnungsämter, die vor Ort die Proben ziehen, sind einer Schwachstellenanalyse zu unterziehen, und die Zuständigkeitsverteilung zwischen Landes- und Bezirksbehörden ist zu überprüfen. Außerdem soll nach Ansicht des BUND in Zukunft der Probenplan in Abstimmung mit der Verbraucherzentrale Hamburg erstellt werden.

Für die insgesamt 160 Hektar Spülflächen fordert der BUND Hamburg einen "Masterplan Spülflächen", der unter Beteiligung der Naturschutzverbände erstellt und die zukünftige Nutzung festlegt. Als erste Maßnahme schlägt der BUND die Rückdeichung des Spülfeldes Ellerholz an der Norderelbe vor.

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Quelle: http://bund-hamburg-archiv.bund.net/nc/presse/pressemitteilungen_hamburg/detail/browse/87/artikel/gemueseanbau-auf-altspuelflaechen-ueber-jahre-verharmlost/