10. November 2002
Hamburg erstaunlich schläfrig
Mit wenig Lob, dafür klaren Forderungen an den Hamburger Senat ging am Samstagabend der Klimakongress Hamburg 2002 des Hamburger Landesverbands des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu Ende. Über 1000 interessierte Bürger, Verbandsvertreter und Wissenschaftler diskutierten im Geomatikum der Universität seit Freitag die weltweiten Auswirkungen der Klimaveränderung und mögliche Lösungsansätze
Auf der großen Abschlussdiskussion am Samstagabend mit dem Thema "Was tut Hamburg zum Klimaschutz - und was nicht" fasste der renommierte Klimaforscher Hartmut Grassl die Auswirkungen der globalen Veränderungen auf Hamburg zusammen: 15 - 20 cm Erhöhung des Meeresspiegels im letzten Jahrhundert, eine durchschnittliche Erhöhung des Hochwassers am Pegel St. Pauli um einen Meter auf Grund der Elbvertiefungen und ein deutlich höherer Tidenhub in Extremsituationen. Dazu komme, dass die gesamte norddeutsche Region in Folge geologischer Veränderungen absinke. Professor Grassl: "Dafür, dass Hamburg die Stadt in Deutschland ist, die am stärksten von der Erhöhung des Meeresspiegels betroffen ist, verhält sich der Senat erstaunlich schläfrig." Seine Forderungen: Die Neuinanspruchnahme von Flächen für Verkehr und Bebauung muss netto auf Null sinken, neue Überflutungsregionen für die Elbe im Großraum Hamburg statt eines "Deichfensters" im dicht besiedelten Raum Wilhelmsburg sowie eine stärkere Inanspruchnahme der Verursacher der höheren Wasserstände für die Kosten des Küstenschutzes.
Der Vertreter der Hamburger Handelskammer, Hubert Grimm, stellte sich hinter den Titel der Veranstaltung "Es geht ans Eingemachte", kam aber zu anderen Schlussfolgerungen. Er fordert eine stärkere Anerkennung der freiwilligen Klimaschutzmaßnahmen von Unternehmen und lehnt einen ordnungspolitischen Rahmen ab. In seiner Vision ist Grimm faktisch dazu bereit, die Lebensqualität der Hamburger Bevölkerung dem internationalen Klimaschutz zu opfern: Ein möglichst großer Teil der internationalen Produktion müsse in Hamburg stattfinden, da hier sauberer produziert werde als etwa in Südamerika.
Überhaupt keine Visionen dafür von der Hamburger Politik: Der Staatsrat der Behörde für Umwelt und Gesundheit, Gregor Kempkens, beschränkte sich im Wesentlichen darauf, von der Vorgängerregierung bisher Geleistetes darzustellen und an die Verantwortung der einzelnen Bürger zu appellieren. Der Diskussion darüber mit dem Publikum bescheinigte die Moderatorin, Angelika Hillmer vom Hamburger Abendblatt, den Charakter des Ohnsorgtheaters. Kempkens betonte, dass er sich im Rahmen dieser Veranstaltung nicht dazu hinreißen lassen wolle Versprechungen zu machen, die hinterher vom Senat abgebügelt würden.
Sehr viel konkretere Forderungen kamen dagegen von Manfred Braasch, dem Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Dieser stellte fest, dass die Klimaerfolge in Hamburg derzeit rückwärts gerichtet sind. Anstatt der in verschiedenen Abkommen vereinbarten Reduktion sei der Kohlendioxidausstoß in Hamburg in den vergangenen Jahren um 13 Prozent gestiegen. Eine Ursache dafür sei der ständig wachsende Autoverkehr. In diesem Zusammenhang kritisierte Manfred Braasch, dass der neue Senat ein zukunftsweisendes Verkehrsprojekt der Vorgängerregierung, die Einführung einer modernen und trotzdem kostengünstigen Stadtbahn, aus ideologischen Gründen zu den Akten gelegt habe.
- ein klarer ordnungspolitischer Rahmen für in Hamburg produzierende Unternehmen
- ein alle relevanten Bereiche umfassendes Klimaschutzkonzept für Hamburg
- eine Überprüfung des Konzept der Regierung für eine "wachsende Stadt" (weitere 300.000 Menschen in Hamburg) auf Klimaverträglichkeit und auf jeden Fall eine Ergänzung um weit reichende Klimaschutzmaßnahmen
- die neue Hafencity als bundesweites Vorzeigeprojekt in puncto Klimaschutz und zukunftsfähige Bauweise
- die Steigerung der Stromversorgung öffentlicher Gebäude von derzeit 10 Prozent regenerativer Energie um jährlich 5 Prozent ab 2004
- die Rücknahme der Stadtbahnentscheidung
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