BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


23. Februar 2005

Ökologische Stadtentwicklungspolitik findet nicht statt

Zum ersten Jahrestag der CDU-Alleinregierung wirft der BUND dem Hamburger Senat eine negative Bilanz in der Stadtentwicklung vor. "Bei seinem Amtsantritt verkündete der neue Stadtentwicklungssenator Dr. Michael Freytag, mit dem Zusammenschluss der Bereiche Bauen, Verkehr und Umwelt sitze das Thema Umwelt mit im Führerhaus und nicht mehr im Bremserwaggon. Heute müssen wir feststellen, dass die Umweltpolitik abgehängt ist", sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.

Viele der gewerblichen "Glaspaläste" Hamburgs seien energetisch ein Rückfall ins 19. Jahrhundert, da diese Architektur häufig einen Energieverbrauch von mehr als 100 Liter Heizöl pro Quadratmeter mit sich bringe. Dieser hohe Verbrauch (Normaler Wohnungsbau: ca. 7 Liter/m²) ist vor allem durch die umfangreiche Kühlung und Klimatisierung in den Sommermonaten begründet. Dieser Energieverschwendung kann die Stadt über städtebauliche Verträge entsprechend dem Baugesetzbuch einen Riegel vorschieben, tut es aber nicht.

Manfred Braasch kritisiert, dass auch der Flächenverbrauch in der Hansestadt unvermindert anhält. Es werden derzeit Bebauungspläne vorbereitet oder umgesetzt, die mehr als 700 Hektar Fläche betreffen. Eine primäre Nutzung von Konversionsflächen habe im Gegensatz zu den Ankündigungen des Senators keinen Vorrang vor dem Bauen auf der Grünen Wiese. Dies werde vor allem bei der geplanten Bebauung in Neugraben (Bebauungsplan Neugraben-Fischbek 65) deutlich, wo die nur 2,5 Kilometer entfernt gelegene Röttiger-Kaserne zunächst für Wohnen und Gewerbe entwickelt werden könnte.

"Weitere Konversionsflächen wie die Lettow-Vorbeck-Kaserne werden aktuell so entwickelt, dass sie gerade den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Ökologische Bauweisen, wie sie marktreif zum Beispiel bei Passivhäusern existieren, sind von der Stadt nicht vorgesehen", sagt Manfred Braasch.

Viele Bauvorhaben träfen zudem sensible Bereiche des Naturhaushaltes und der Landschaftsachsen, nicht nur bei den umstrittenen Projekten in den Walddörfern. Der BUND Hamburg hat bei der Auswertung der Bebauungspläne der so genannten zweiten Tranche festgestellt, dass bei den 19 Wohnbauprojekten nahezu jeder zweite Plan ein Landschaftsschutzgebiet betrifft.

Ein Trauerspiel stellt laut BUND auch die Anbindung der Hafencity an den ÖPNV dar. Die geplante U-Bahn U 4 gilt zu Recht als teuer, unrentabel und schädlich für den Einzelhandel. Senator Freytag habe die dilettantische Planung seines Schill-Vorgängers Mario Mettbach völlig unkritisch übernommen und setze nach wie vor auf eine U-Bahn-Anbindung des neuen Stadtteils. Da diese nicht einmal die Kriterien für eine Förderung aus Bundesmitteln erfüllt, muss die Stadt die rund 250 Mio Euro für eine nur vier Kilometer lange Strecke komplett aus dem eigenen Haushalt aufbringen. Eine Summe, mit der ein etwa 42 Kilometer langes Netz für eine moderne Stadtbahn eingerichtet werden könne, das wiederum Menschen aus anderen Stadtteilen in die City locken würde. Nach massiver Kritik des Einzelhandels hat der CDU-Senat die Trassenführung zwar völlig neu überarbeitet, eine planerische Prüfung der Alternative "Stadtbahn" fehlt nach wie vor.

"Die Bilanz des ersten Jahres der CDU-Alleinregierung ist im Bereich der ressourcenschonenden Stadtentwicklung eine Blamage", so Manfred Braasch. Auch Alibi-Veranstaltungen wie die Solare Bauausstellung 2005 könnten nicht darüber hinweg täuschen, dass der Stadtentwicklungssenator den Umwelt- und Klimaschutz allenfalls in seinen Sonntagsreden für wichtig hält.

Für Rücksprachen:

Paul Schmid, BUND-Pressesprecher
Email: presse.hamburg@bund.net
Tel.: (040) 600387-12


Quelle: http://bund-hamburg-archiv.bund.net/nc/presse/pressemitteilungen_hamburg/detail/browse/71/artikel/oekologische-stadtentwicklungspolitik-findet-nicht-statt/