11. Juli 2007
EU-Richtlinie als Chance für die Alster!
Der Hamburger Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wirft der Stadt Hamburg erheblichen Zeitverzug bei der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vor. Nach dieser Richtlinie ist die Stadt verpflichtet, den Zustand der Hamburger Gewässer bis 2015 entscheidend zu verbessern.
»Die EU-Richtlinie lässt keinen Spielraum. Wenn Hamburg nicht sofort mit umfangreichen Maßnahmen beginnt, ist der Zeitplan nicht mehr einzuhalten und der Hansestadt droht ein umfangreiches Vertragsverletzungsverfahren in Brüssel«, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND.
Die größten Probleme in Hamburg sieht der BUND darin, dass seit Jahren die zuständigen Fachämter sowohl in der BSU als auch in den Bezirken unterbesetzt sind und im gesamten Hamburger Gewässersystem schon jetzt ein enormer Instandsetzungsstau herrscht. Außerdem müsse der Senat für die nächsten Jahre Mittel in dreistelliger Millionenhöhe für den Gewässerschutz in den Haushalt einstellen. »Allein um die gesetzlichen Vorgaben der WRRL im Alstereinzugsgebiet umzusetzen, sind mindestens 100 Millionen Euro erforderlich«, so Manfred Braasch.
Der BUND schlägt vor, diese Pflicht als Chance zu nutzen, mit wegweisenden Maßnahmen an der Alster und deren Nebengewässern im nächsten Jahr zu beginnen und damit ein lebendiges Netz durch die Stadt zu knüpfen. Dazu müsse umgehend ein Nachtragshaushalt für 2008 vorgelegt werden.
Das Einzugsgebiet der Alster umfasst in Hamburg rund 480 km² (mit Schleswig-Holstein 581 km²), die Alster selbst ist rund 56 km lang. Die Alster, aber auch ihre Nebengewässer wie zum Beispiel Ammersbek, Bredenbek oder Wandse weisen vor allem Defizite bei der Durchgängigkeit, der Strukturvielfalt und bei der Fischfauna auf. »Schleusen, Wehre und kleine Abstürze verhindern derzeit die Durchgängigkeit für die Fische und andere Lebewesen. Von bewegtem Sand geprägte Gewässersohlen machen diese für die meisten Tiere gleichsam zur Wüste«, so der Diplom-Biologe Wolfram Hammer, ehrenamtlicher Sprecher des Arbeitskreises Wasser und Boden des BUND.
Mit seiner langjährigen Erfahrung in Fließgewässerprojekten bietet der BUND an, die behördlichen Maßnahmen mit einem eigenen Projekt »Lebendige Alster« intensiv zu begleiten. Dem Landesverband geht es dabei um kleinere, praktische Renaturierungsmaßnahmen in den Oberläufen, insbesondere aber darum, den Hamburger Bürgerinnen und Bürgern das Thema Gewässerschutz nahe zu bringen und sie mit ansprechenden Aktionen direkt in die Verbesserung ihres Umfeldes einzubeziehen. Unter Beteiligung von Sponsoren oder Stiftungen soll auch ein Lehr- und Erlebnispfad an der Alster eingerichtet werden.
»In einer Großstadt wie Hamburg ist der Zustand der Gewässer und Uferbereiche von zentraler Bedeutung für den Biotopverbund, den Hochwasserschutz und auch die Naherholung«, begründet Manfred Braasch das Engagement des BUND. »Unerlässlich ist aber, dass sich die Stadt endlich ihrer Verantwortung stellt«, so der Landesgeschäftsführer.
Für Rückfragen:
Paul Schmid, BUND-Pressesprecher,
Tel. 040/ 600 387 12; eMail ›presse.hamburg@bund.net«
BUND-Forderungen für eine »Lebendige Alster«
Der BUND Hamburg hat die wichtigsten Punkte für die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie im Alstereinzugsgebiet in einem Forderungskatalog zusammengestellt und wird diesen an Senat und Bürgerschaft weiterleiten
1. Durchgängigkeit für Fische verbessern
Wanderfische müssen wieder von der Elbe zur Alster gelangen können sowie in die Oberläufe aller größeren Bäche. Auch die Durchgängigkeit für Kleintiere muss mindestens in den Oberläufen so weit erreicht werden, dass ausreichend große zusammenhängende Lebensräume entstehen. Dazu müssen alle Querbauwerke mit funktionsfähigen Fischaufstiegsanlagen versehen werden.
2. Gewässersohlen wieder naturnah gestalten
Im gesamten Gewässersystem müssen die Sohlstrukturen so renaturiert werden, dass sie wieder für lebensraumtypische Tierarten besiedelbar sind. Dies muss einhergehen mit der Verkürzung dauergestauter Strecken und mit der Verminderung des Sandtriebs um mehr als 50 %.
3. Uferbereiche naturnah erhalten und entwickeln
Alle unbebauten Uferstrecken der Fließgewässer im Einzugsgebiet der Alster müssen auf durchschnittlich 2 m Breite naturnah entwickelt und naturschonend gepflegt werden. Naturnahe Gewässerränder sind nicht nur für den Lebensraum Bach von großer Bedeutung. Sie sind auch ideale Wanderkorridore für Tiere und Pflanzen und Voraussetzung dafür, die Artenvielfalt in Hamburg zu erhalten.
4. Flussauen für Natur- und Hochwasserschutz schaffen
Flussauen sind für den Hochwasserschutz ebenso wichtig wie für die Natur. Es müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, natürliche Überschwemmungsräume zu erhalten und zu entwickeln. Regelmäßige Überschwemmungen in diesen Räumen sind zu fördern.
5. Chemische Belastungen deutlich verringern
Aktuell gibt es immer noch chemische Belastungen, die aus diffusen Quellen flächenhaft die Gewässer belasten. Insbesondere die Schadstoffe, die von unseren Straßen mit dem Niederschlag in die Gewässer gespült werden, müssen deutlich verringert werden. In einem ersten Schritt sind alle Regenwassereinläufe von Straßen mit einem Bodenfilter oder einer entsprechenden Reinigungsstufe zu versehen.
6. Sofortmaßnahmen für 2007/2008
Vorstudien zur Schaffung der Durchgängigkeit an allen Alsterschleusen und –wehren
Beginn der Renaturierung der Alster und weiterer Nebengewässer im Bereich der Oberläufe
Bereitstellung eines »Kiestopfes« in Höhe von mindestens
200 000 €/Jahr aus dem alle qualifizierten Organisationen, die bei den Renaturierungen helfen wollen, Materialkosten für Sohl- und Uferrenaturierungen anfordern können.
Stärkung der zuständigen Abteilungen in den Bezirken und der BSU um mindestens 5 Gewässer-Biologen und Ingenieure
Sofortige, direkte und umfassende Information der Bevölkerung über die Chancen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Bisher nimmt die Stadt ihre Beteiligungspflicht fast ausschließlich über das Internet wahr.
Bildmaterial und Grafiken finden Sie hier.
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Paul Schmid, BUND-Pressesprecher
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