22. Februar 2006
Halbzeit: BUND attestiert CDU-Regierung zur Hälfte der Legislaturperiode eine verheerende Zwischenbilanz
»Vollmundige Versprechungen, nichts verbessert und die eigene Behörde demontiert« bilanziert der Hamburger Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland die Arbeit von Umwelt- und Stadtentwicklungssenator Michael Freytag zur Halbzeit der 2004 gewählten CDU-Alleinregierung. »Das U im Kürzel der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) stehe nicht mehr für Umwelt, sondern offensichtlich für unwichtig«, sagt Manfred Baasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.
»Mit der abermaligen Neuorganisation der BSU zerstört der Senator endgültig die behördlichen Strukturen für einen wirksamen Natur- und Umweltschutz. Ohne eigenständige Verwaltungseinheiten für Grün- und Freiraumplanung sowie für den Naturschutzbereich auf Landes- und Bezirksebene werden die ohnehin schrumpfenden Freiflächen endgültig zum Spielball zwischen Politiker- und Investoreninteressen«, so Manfred Braasch.
Bereits die Entwicklung in den letzten Jahren habe dem Image Hamburgs als »Grüne Stadt« laut BUND kräftig geschadet. In den Jahren 2001 – 2004 seien mehr als 1000 Hektar Siedlungs- und Verkehrsflächen hinzugekommen, mehr als sechs mal die Fläche der Außenalster. Im Rahmen der »Wachsenden Stadt« würden derzeit weitere 400 – 500 ha für Wohnen und Gewerbe ohne übergeordnetes Konzept vorbereitet und stehen zur Bebauung an!
»Der Senat baut auf der Grünen Wiese, obwohl es ausreichend Alternativen gibt«, so der BUND. In den Walddörfern werde an wichtigen Grünachsen Bebauung geplant, obwohl eine vergleichbare Größenordnung von Wohneinheiten im Bestand durch Nachverdichtung erzielt werden könnte. Das Bebauungsgebiet Neugraben-Fischbek 65 wird am Rand eines EU-Vogelschutzgebietes mit 1.250 Wohneinheiten geplant, obwohl nur wenig entfernt die Röttiger-Kaserne als Konversionsfläche zur Verfügung stehe.
Auch in anderen Bereichen wie dem Klimaschutz habe die Umweltpolitik des Senats kaum Erfolge vorzuweisen. Die hochgelobte Umweltpartnerschaft habe bislang rechnerisch zwar zu einer Einsparung von rund 25.000 Tonnen CO2 im Sektor Industrie/Gewerbe geführt. Gemessen an den nationalen Minderungszielen hätten bis 2005 in diesem Sektor aber allein in Hamburg rund 700.000 t eingespart werden müssen. »Der Umweltsenator brüstet sich mit 4 % des eigentlichen Zielwertes und verkauft dies als Erfolg«, kritisiert der BUND.
Auch die Feinstaubbelastung an viel befahrenen Hamburger Straßen werde systematisch heruntergeredet, der Luftreinhalteplan und der so genannte Aktionsplan der Behörde entfalten aus Sicht des BUND keine Wirkung. Die eigenen Daten der BSU bestätigen dies: Bereits im Februar liegen für die Habichtstraße und die Max-Brauer-Allee 20 bzw. 18 Überschreitungen des Grenzwertes vor, für ein ganzes Jahr sind nur 35 Überschreitungen erlaubt.
Der BUND nennt als weitere Beispiele die fehlenden Ausgleichsmaßnahmen für die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs, die vertane Chance, die Hafencity durch verbindliche ökologische Vorgaben zu einem innovativen Stadtteil zu entwickeln sowie die Verschleuderung von mindestens 255 Millionen Euro öffentlicher Mittel für 3,4 Kilometer U-Bahn in die Hafencity. Ebenso sei trotz der von der Bundesregierung vorgegebenen Umsetzungsfrist das Hamburger Naturschutzgesetz bislang nicht verabschiedet, die Chancen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie würden vertan und die wichtigen Planungsinstrumente Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm warteten weiterhin auf die dringende Überarbeitung.
Lediglich Prestigeprojekte wie die Wasserstofftechnik in ein paar HVV-Bussen würden bei jedem denkbaren Anlass propagiert, obwohl auch deren Ökobilanz bei näherer Betrachtung alles andere als positiv ausfällt: Für 100 km braucht der Wasserstoffbus umgerechnet die Energie von 100 Litern Diesel.
»Michael Freytag hat angekündigt, der Umweltschutz säße bei ihm mit »im Führerhaus«. Leider fährt der Senator in die falsche Richtung«, so Manfred Braasch abschließend.
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